this post was submitted on 18 Jan 2024
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Hintergrund: in einem Spiel hat einer einen Witz gerissen über einen Charakter der von einem Boss vergewaltigt wurde (tatsächlich: umgebracht). Woraufhin alle scheinheiligen Moralapostel ihr Monokel zurechtgerückt und sich in rechtschaffenem Zorn zusammengerottet haben, wie schrecklich der Witz doch wohl war.
Das hat mich als tapferen Rächer der Enterbten dazu veranlasst zu bedenken zu geben, daß der Charakter ja Gott sei Dank bloß totgeschlagen wird und nicht vergewaltigt, was viel schrecklicher gewesen wäre als eben bloß totgeschlagen zu werden.

Naturgemäß hat das bloß Öl ins Feuer gekippt, aber ich find die gesellschaftliche Entscheidung interessant daß "lieber tot als vergewaltigt" und dachte, ich schaue mal, ob bei Feddit eine rationalere, nuanciertere Konversation dazu geführt werden kann.

Bonuspunkt: eine Bekannte von mir meinte - ohne daß einer von uns beiden jetzt detailliert das breite Spektrum Todesarten mit dem breiten Spektrum an was alles an Vergewaltigungen gilt aneinander aufgerechnet hätten - daß Vergewaltigung natürlich schlimmer wäre als Mord. Das ich insofern zu Ende gedacht habe, daß man Vergewaltigungsopfern dann auch eine sichere und menschenwürdige Methode zum Selbstmord zu geben hätte, weil man sie sonst wortwörtlich zu einer Existenz verdammt die schlimmer ist als der Tod.

Meine Überlegungen dazu sind recht schlicht. Will ich meine Mutter lieber tot oder vergewaltigt? Will ich MICH lieber tot oder vergewaltigt? Will ich einen Schwanz im Arsch oder ein Messer im Bauch? Ist es eine gewaltlose Vergewaltigung, vielleicht nicht einmal penetrativ, oder eine medieneffektive Gruppenvergewaltigung mit viel Gewalt? Im Vergleich dazu ist es Tod via Stickstoff mit friedlichem einschlafen oder beim lebendigen Leib vom Bär gefressen werden? Schon drastische Unterschiede, die man bei Vergleichen miteinhalten sollte. Permanenz ist auch da. Bißchen tot wird schwierig, bißchen vergewaltigt geht relativ gut. Ausmaß des Traumatas? Und so weiter, und so fort.

Langer Rede kurzer Sinn: es ist seltsam für mich persönlich, daß Leute kein Problem damit haben wenn man Witze übers abgeschlachtet reißt, aber Witze über Vergewaltigungen sind Teufelswerk.

Gedanken dazu?

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[–] stegosaur5491@lemm.ee 2 points 10 months ago (2 children)

Das StGB nimmt dementgegen aber verfassungs- und grundrechtskonform eine andere Wertung vor. Der Strafrahmen für Mord ist höher als der für Vergewaltigung. (§ 211 dStGB, § 177 dStGB, § 75 öStGB, § 201 öStGB).

Es ist aber ein interessanter Ansatz das absolute Folterverbot mit dem doch nicht ganz so absoluten Recht auf Leben zu vergleichen. Ich glaube, dass es sich dabei aber nicht wirklich um eine Wertung des Verfassungsgesetzgebers handelt. Das Folterverbot hat wohl hauptsächlich historische Gründe? Beim non-refoulement trifft der Gesetzgeber diese Unterscheidung bspw nicht.

Was man auch nicht vergessen darf, ist dass ein Grundrechtseingriff immer geeignet und die ultima ratio sein muss. Es ist wohl schwer zu argumentieren, dass eine "Vergewaltigung aus Notwehr" überhaupt ein geeigmetes Mittel für irgendwas ist - die Folter wäre es aber, wenn man bedenkt, dass der Staat eine:n Entführer:in nicht foltern darf, um die Entführten zu finden.

[–] Risus_Nex@lemmy.world 6 points 10 months ago (1 children)

Ich gehe davon aus, dass die Gewichtung des Strafmaß auch eine rationale Abwägung zum Schutz der Opfer ist:

Wenn Mord weniger Strafe bekäme, als Vergewaltigung, wäre das eventuell ein Grund das Vergewaltigungsopfer lieber im Anschluss zu töten, um bei einem Auffliegen nur für den Mord verantwortlich gemacht zu werden. Auch so ist die Gefahr groß, weil wenn das Opfer am Leben bleibt, besteht die Möglichkeit, dass es zu einer Anzeige kommt. Aktuell bleiben aber zudem leider sehr viele Vergewaltigungen nach wie vor ungestraft.

[–] JoKi@feddit.de 3 points 10 months ago (1 children)

Bei der Gewichtung des Strafmaßes könnten auch die Folgen für das Opfer eine Rolle spielen. Ein Mord ist unumkehrbar und lässt für das Opfer keinerlei Form der nachträglichen Verarbeitung zu. Es ließe sich ja durchaus so sehen, dass ein Mord einen der größtmöglichen Eingriffe in die Würde der Opfer darstellt.

[–] Risus_Nex@lemmy.world 2 points 10 months ago (1 children)

Klingt wahrscheinlicher, als meine Überlegung. Tatsächlich wird es sich einfach historisch so entwickelt haben. Mord gilt seit fast schon immer als das schlimmste Verbrechen. Einfach weil es endgültig ist. Es gibt keine Möglichkeit der Wiedergutmachung oder "Rache", auf keiner Seite. Es geht dabei wohl nicht darum, wobei das größte "Leid" entsteht.

[–] JoKi@feddit.de 2 points 10 months ago

Neben der Tötung setzt Mord juristisch gesehen auch Mordmerkmale voraus, welche die Würde der Opfer zusätzlich angreift. "Leid" ist ein recht schwammiger Begriff und kann in einer rechtlichen Bewertung allenfalls ein Indikator sein. Denn selbst das Ausbleiben macht die Tat nicht ungeschehen.